Nach vier Stunden Flugzeit und zwei Stunden Zeitverschiebung erreiche ich mit meinem zweiten Flug mit Sky Airline (262€) Lima. Das neue Airbnb Quartier ist in Jesus Maria, einem Vorort von Perus Metropole. Ich nehme mir eines der offiziellen Flughafentaxis. Die Fahrt wird vorher bezahlt und kostet 50 Soles (ca. 14€) Die Fahrt während der Rush Hour von den Außenbezirken hinein in die Innenstadt ist gelinde gesagt chaotisch. Jeder scheint hier zu fahren wie er will. Hupen werden wohl häufiger benutzt als Bremsen. Plötzlich steht der Verkehr komplett still. Die Luft ist zum Schneiden. Zumindest der Fahrer und das Taxi sind in Ordnung. Nach einer Dreiviertel Stunde erreiche ich meine neue Unterkunft.
Am nächsten Tag skizziere ich grob die nächsten Wochen: Die Route wenigstens einigermaßen planen und Reiseführer wälzen. Ich buche schon mal alle Flüge (Lima – Cuzco, La Paz – Santiago und Santiago – Osterinsel und zurück) bis zu meiner Rückreise nach Australien. Am Abend kaufe ich mir noch Müsli und in einem kleinen Lebensmittelladen ein paar Bananen. Am nächsten Morgen bekomme ich unheimliche Bauch- und Gliederschmerzen. Es stellt sich heraus, dass ich statt der Essbananen Kochbananen gekauft habe. Die sind unbearbeitet wohl nur schwer zu verdauen. Ich liege den ganzen Tag über im Bett. Am nächsten Morgen ist dann aber alles vorbei.
Ich fahre in die Innenstadt und besuche das historische Viertel der Stadt. Doch auch dorthin ist die Fahrerei (diesmal mit dem Bus) nicht unanstrengend. Die Straßen sind überfüllt. Jeder ist sich der nächste und lebt einen Großteil seines Egos wohl hier auf den Straßen aus. Einfach rein in die Kreuzung, Hupen, Schimpfen. Gelegentlich auch im wahrsten Sinne des Wortes: Augen zu und durch! In der Altstadt ist es etwas ruhiger und weniger hektisch. Aber ähnlich wie in den anderen drei Hauptstädten Südamerikas, die ich bis jetzt gesehen habe, ist aus der Kolonialzeit nicht mehr viel erhalten. Die meisten Gebäude stammen aus der Gründungszeit der Republik. Es gibt einige Museen, Paläste und Bürgerhäuser. In den Straßen und auf den zentralen Plätzen patrouilliert auffällig viel Polizei.
Neben den Privatfahrzeugen wird der Stadtverkehr von Bussen, Minibussen und Taxen dominiert. Die Taxis fahren – wenn sie leer sind – entlang der Straßen im Schritttempo. Ist das Freizeichen auf ihrem Dach erloschen stürzen sie sich wie Stierkämpfer in die Verkehrsarena. Die Kassierer der Minibusse hängen an den Türen ihrer Fahrzeuge und schreien das Fahrtziel lauthals hinaus. Schnell werden noch ein paar Fahrgäste in das Fahrzeug gequetscht, dann geht es schon weiter. Bezahlt wird beim Aussteigen. Mir geht das wieder alles zu schnell, es ist mir zu laut und zu hektisch. Die Stadt macht auf mich in jeder Hinsicht einen überfüllten Eindruck. Nicht nur auf den Straßen, auch auf den Plätzen und in den Gassen wimmelt es wie in einen Ameisenhaufen.
Am nächsten Tag mache ich einen Ausflug in die Stadtteile Miraflores und Barranco. Miraflores ist das touristische Zentrum Limas. Der Stadtteil ist sehr modern. Es gibt viele Hotels, Gaststätten, Reisebüros – meist in einem der vielen Hochhäuser, Einkaufszentren, Diskotheken, Nachtklubs, aber auch einen schönen Strand. Oben auf der Klippe thronen einige schöne Restaurants mit Blick auf Strand und Meer. Barranco ist sehr angenehm zu erkunden. Es gibt etliche kleine Plätze und Parks, viele Häuser sind noch aus der Kolonialzeit, einige aufwendig renoviert. An jeder Ecke sehe ich ein Restaurant, einen Imbiss, einen kleinen Lebensmittelladen, ein Atelier oder eine Galerie. Auf den Straßen fahren nur wenige Autos und auch die Menschendichte hält sich in einen sehr angenehmen Bereich. An meinem letzten Tag besuche ich noch zwei Pyramiden (Huaca), die ca. 1000 Jahre vor der Zeit der Inkas aus Lehmsteinen erbaut wurden. Zwischen den beiden Denkmälern liegt das Diplomatenviertel der Stadt. Alles ungewohnt aufgeräumt, kaum Menschen und Fahrzeuge auf den Straßen. An jedem zweiten Haus steht Polizei oder ein Wachposten eines privaten Sicherheitsdienstes.

Nach drei Tagen verlasse ich Lima wieder und fliege mit Latam für 85 Euro nach Cuzco. Mein neues Airbnb-Quartier liegt zwei Kilometer vom Plaza de Armas entfernt. Die ersten zwei Tage erarbeite ich mir die Stadt wieder einmal zu Fuß. Die Umstellung auf die Höhe fällt mir diesmal nicht so schwer. Es kommt mir wohl entgegen, dass wir vor zehn Tagen schon drei Tage auf 4.000m auf der bolivianischen Hochfläche verbracht haben. Cusco liegt auf 3.416m Höhe und hat 350.000 Einwohner. Sie war im 15. Jahrhundert die Hauptstadt des Inkareiches und wurde 1983 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen. Viele Gassen, Straßen, Kirchen, Plätze und Häuserfassaden sind noch aus der spanischen Kolonialzeit erhalten. Die Innenstadt hat sehr viel Charme, nicht nur bezüglich ihrer Architektur, sondern viel mehr auch wegen der unzähligen kleinen Restaurants, Foodstalls, Cafés, Bäckereien, Museen, Galerien, dem Market Municipal und den unzähligen Läden mit Kunsthandwerk. Ein wenig nervig sind lediglich die vielen, teils recht aufdringlichen, Werber/Innen für Massagen, Reisebüros, Geldwechsel und auch für einige Restaurants.

Am dritten Tag fahre ich mit dem öffentlichen Bus nach Pisaq und besichtige dort die Reisterrassen und die Festungsanlage des zweiten Inka (-königs). Von der Ortsmitte, die ein einziger Marktplatz ist, führt ein Wanderweg hinauf in die Berge.
Ich habe mir am Vortag noch ein Ticket für die wichtigsten archäologischen Stätten in Cuzco und im heiligen Tal gekauft. Für 130 Soles (35 Euro) kann ich an die zehn Museen und historische Stätten besichtigen.
Von der Inkasiedlung selbst sind viele Ruinen, aber auch gut erhaltene Wachtürme und einige restaurierte Häuser zu sehen. Die Terrassenanlagen auf der Rückseite der ehemaligen Festung sind sehr beeindruckend. Über 70 Stufen erstrecken sich die an die 100m langen und vier bis acht Meter breiten Reisfelder hinunter in das Tal.
Am nächsten Tag fahre ich in einer geführten Tour zum Rainbow Mountain (80 Soles). Um fünf Uhr morgens werde ich an meinem Quartier abgeholt. Um neun Uhr gibt es ihn einem Dorf vor dem Berg noch ein Frühstück. Im Bus fasst der Tour guide das wesentliche des Ausfluges noch einmal zusammen: 700m Anstieg von 4.400m auf 5.100m, sehr anstrengend, erfahrungsgemäß schaffen es in etwa ein Drittel der Gruppe zu Fuß auf den Berg.
Das hätten sie aber auch schon mal beim Verkauf der Tour erwähnen können!!!
Wir sind ein bunt gemischter Haufen, im Alter zwischen 30 und 60 Jahren, aber nur wenige schauen wirklich fit und die meisten eher untrainiert aus. Auch sind einige meiner Mitfahrer nicht wirklich optimal gekleidet bzw. mit entsprechenden Schuhen ausgestattet. Aber gleich anschließend erwähnt der Guide, dass man den Anstieg auch auf Pferderücken hinter sich bringen könnte: für noch einmal 80 Soles! Einfacher Weg!! Aufgrund dieser drastischen Ausführungen buchen acht aus der Gruppe vorsichtshalber ein Pferd. Um 10.00 Uhr geht es los. Der Einstieg ist nicht besonders problematisch, meist führt der Weg entlang von Wiesen und Weiden. Erst das letzte Drittel wird steiler und die Luft spürbar dünner. Die Höhe macht jetzt auch mir zu schaffen, obwohl ich bereits von Anfang an jede Menge Cocablätter im Mund von der einen auf die andere Seite schiebe. Durch das Kauen und Einlagern der Blätter in den Backen werden Bitterstoffe freigesetzt, die mir das Atmen erleichtern und meine Ausdauer steigern. Trotzdem erreiche ich den Gipfel schweren Schrittes und ganz schön außer Atem. Erst nach einigen Minuten der Erholung kann ich den Ausblick auf den Rainbow Mountain so richtig genießen. In Pastellfarben von Okker-, Grau- und Rottönen erstrahlt der oberste Teil des Berges im Sonnenlicht, ähnlich akkurat geschichtet und bunt wie ein Regenbogen. Plötzlich ziehen dunkle Wolken auf, die Temperatur fällt schlagartig, es schneit sogar für einen kurzen Moment. Minuten später scheint wieder die Sonne und der Gipfel erstrahlt noch leuchtender als vorher. Doch immer wieder ziehen dunkle Wolken vorüber, sodass ich mich dazu entschließe nach einer halben Stunde wieder abzusteigen.
Als wir wieder zurück fahren, erfahre ich, dass den Gipfel außer mir sechs weitere laufend und die acht auf dem Pferd erreicht haben, die anderen haben sich das ganze von weiter unten angesehen. Zwei haben sich erst gar nicht auf den Weg gemacht und sind gleich mit dem Taxi wieder zurück nach Cuzco gefahren. Einer aus der Gruppe erzählt, dass die meisten von ihnen erst vorgestern aus Lima angereist sind: Von Meereshöhe auf 3.500m. Da blieb wenig Zeit zum Akklimatisieren. Auf halben Wege zurück gibt es noch ein leckeres Abendessen und gegen 21.00 Uhr erreiche ich wieder meine Unterkunft.

Am nächsten Tag fahre ich mit dem öffentlichen Bus nach Ollantaytambo und besuche die Festungsanlage aus der Inkazeit. Die Burg liegt an einer exponierten Lage auf einem Felssporn mit tollen Blick auf die umliegenden Berge und das darunter liegende Tal. Viele der Gebäude sind noch gut erhalten. Die hoch aufragenden Festungsmauern und die angegliederten Reisterrassen sind beeindruckend.
In dem beschaulichen Dorf nehme ich in einen der vielen kleinen Restaurants am Marktplatz ein schnelles Mittagessen zu mir und spreche danach einen Taxifahrer an, der mich zu den Salineras de Maras und nach Moray bringen soll, die beide auf einer 3.500m hohen Ebene südwestlich von Urubamba liegen. Nach kurzen Verhandlungen fährt er mich schließlich für 50 Soles durch eine karge Berglandschaft und setzt mich am späten Nachmittag an der Hauptstraße nach Cuzco wieder ab, wo ich den öffentlichen Bus zurück in die Stadt nehme. Die Salzförderstätten liegen mit ihren über 1000 Salzbecken malerisch an einem Steilhang am Ende eines Tales, das nur über eine Piste erreichbar ist. Aus den über einen Fluss gespeisten Becken wurde schon zur Inkazeit Salz gewonnen. Auch heute wird die Anlage noch zur Salzgewinnung genutzt. Eine halbe Stunde später geht es weiter zu den Reisetrassen von Moray, die wir nach weiteren 20 Minuten erreichen. Die Anlage wurde von den Inkas in drei größeren natürlichen Dolinen mit verschiedenen Tiefen errichtet. Die größte davon ist über 70m tief. Als ich an der Anlage stehe, fühle ich mich ein wenig wie damals, als ich als 14-jähriger oben an Rande des Münchner Olympiastadiums stand. Über 15 Stufen geht es kreisförmig hinunter in die kleinste der runden Anbauflächen. Eine der drei Terrassenanlagen ist aufwändig restauriert, zwei weitere sind weitgehend ihrer selbst überlassen, aber nicht minder beeindruckend. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurde die Anlage noch von Bauern aus dem Tal bewirtschaftet.
Am Abend treffe ich J und F, zwei Eidgenössinnen, die wir auf unserer Bolivien-Exkursion kennengelernt haben, in einem der gemütlichen Restaurants am Plaza de Armas und ich esse mein erstes Meerschweinchen; gegrillt, ein wenig Kartoffeln dazu, als Beilage Salat und zum Runterspülen eine halbe Flasche Wein. Gut und schön war`s!
Der nächste Tag ist der Organisation und Feinabstimmung für den anstehenden Salkantay Treck gewidmet. Ich kaufe unter anderem mein Ticket für den fünftägigen Treck (210€) hinauf nach Machu Picchu. Im Preis inbegriffen sind vier Übernachtungen, täglich Frühstück, Mittag- und Abendessen, der Transport per Minibus zum Startpunkt nach Mollepata und der Rücktransport mit der sündhaft teuren Peru Rail von Aguas Calientes (20.00 Uhr) nach Ollantaytambo und dann weiter im Minibus nach Cuzco. Jeder Teilnehmer darf nur einen kleinen Tagesrucksack und einen „größeren Rucksack“ mit maximal sieben Kilogramm mit auf den Weg nehmen. Die Rucksäcke und die Lebensmittel für das Essen werden von Pferden transportiert, übernachten werden wir in bereits aufgebauten Zelten in den Lagern.

Am nächsten Morgen bin ich um vier Uhr am besprochenen Treffpunkt an der Kathedrale am Plaza de Armas. Immer wieder werden andere Wartende auf dem Platz vor der Kathedrale zu ihren Touren abgeholt. Um fünf stehe ich immer noch da und auch noch um halb sechs. Als es halb sieben wird, gehe ich im einzigen am Plaza schon geöffneten Café einen Kaffee trinken und ein Stück Apfelkuchen essen. Draußen wird es bereits hell. An der Rezeption bietet mir der Manager an, für mich im Reisebüro anzurufen. 20 Minuten später werde ich abgeholt, in ein Auto gesetzt und der Gruppe hinterher gefahren. Um 13.00 Uhr erreiche ich in Mollepata meine Weggefährten für den Treck für die nächsten fünf Tage. Der erste Tag ist dann nicht weiter aufregend. Die 13km und 1000 Höhenmeter laufen wir in fünf Stunden. Auf 3.900m erreichen wir am Nachmittag unser Abendquartier Soraypampa mit einen ersten Blick auf den Tucarhuay (5.910m). Diesmal ist alles gut: Keine Kopfschmerzen, keine schweren Beine, aber dafür wieder Ladungen an Cocablättern im Mund. Bevor es zum Abendessen geht, steigen die meisten von uns noch einmal 300 Höhenmeter in Richtung Humantay (5.943m) und dem davor liegenden Gletschersee auf. Der türkis schimmernde See liegt, von zwei Seitenmoränen eingebettet, am Fuße des ehemaligen Humantay Gletschers. Von der Endmoräne aus sehe ich auf der anderen Seite auf den grünen Weiden einige Wildpferde grasen. Weiter hinten sitzt hoch oben auf dem Kamm der Moräne einer aus der Gruppe und macht mit seiner Gopro ein Selfie. Aber auch von hier aus ist der Blick hinunter auf den See und auf das vom ehemaligen Gletscher eingefräste Tal wunderschön. Nach einer halben Stunde steigen wir wieder hinunter. Ich habe einen Bärenhunger. Schließlich habe ich seit 6.30 Uhr nichts mehr gegessen. Ich fülle meinen Kohlenhydratspeicher bis zum Anschlag auf indem ich mir zweimal Nudelnachschlag hole. Der nächste Tag ist der vermeintlich anstrengendste und eine gute Grundlage kann da wohl nicht schaden.
Um 4.30 Uhr werden wir – wie jeden der anderen Tage auch – mit einem „Guten-Morgen-Coca-Tee“ geweckt. Danach frühstücken und Gepäck fertigmachen. Um 5.30 Uhr, als sich die ersten Sonnenstrahlen zeigen, geht es los. Nach drei Stunden erreichen wir die letzte Ortschaft Soiroccha auf 4.400m. Um zehn Uhr haben wir auch die letzten 230 Höhenmeter geschafft und erreichen den höchsten Punkt des Trecks bei 4.630m. Der Pass geht an einem der heiligsten Berge der Inkas, dem Salkantay (6.271m) vorbei. Danach geht es zweieinhalb Stunden und 700 Höhenmeter, zunächst über unendlich scheinende Geröllwüsten und später durch den Bergwald, hinunter nach Huayracmachay, wo es das Mittagessen gibt. Anschließend steigen wir noch einmal zweieinhalb Stunden durch dichter werdenden Primärwald ab. Es wird merklich wärmer und Schwärme von Moskitos stürzen sich auf unsere Schweiß durchtränkten Körper. Schließlich erreichen wir Chawllay auf 2.900m, wo wir unsere zweite Nacht verbringen. Insgesamt waren das heute 22km bei einer Laufzeit von 9 Stunden.
Am dritten Tag werden wir um 5.00 Uhr geweckt. Es geht entlang eines Gebirgsbaches weiter durch den tropischen Bergwald hinunter bis auf 1500m. Unsere dritte Nacht verbringen wir in Santa Theresa. Am Abend besuchen wir dort die heißen Quellen; Balsam für meine geschundenen Muskeln. Das war heute ein entspannter Tag, nur 16km, die wir in fünf Stunden geschafft haben. Am Abend gibt es bei Lagerfeuer Bier und Tanz. Eine willkommene Abwechslung, die uns dazu verleitet sehr spät ins Bett zu gehen.
Am nächsten Morgen wird wieder unerbittlich um 6.00 Uhr – wie immer mit dem Gute-Morgen-Coca-Tee – geweckt. Zunächst geht es 330m bergauf nach Hydroelectrica, einer kleinen Siedlung, in der es nur ein paar Restaurants und Imbissbuden gibt. Auch wir nehmen dort unser Mittagessen zu uns. Die letzten zehn Kilometer geht es entlang der Bahnstrecke nach Aguas Calientes (2050m), unseren letzten Übernachtungsort. Das Dorf liegt malerisch am Ende eines Tales an einem kleinen Fluss und ist der Endbahnhof der von Inca- und Perurail betriebenen Bahnstrecke nach Ollantaytambo. Von hier starten nahezu alle Touristen ihre Tour hinauf nach Machu Picchu, es sei denn, sie besuchen die Stätte über den Incatrail, der seinen Zugang auf der gegenüberliegenden Seite hat. Allerdings muss man sich hier bereits Monate vorher anmelden und auch der Preis – ab 650 Euro – ist nicht ohne. Obwohl das Dorf eine Retortensiedlung ist, ist die Atmosphäre sehr angenehm, die Menschen freundlich und hilfsbereit. Es gibt Restaurants, Cafés, Hotels und Souvenirläden in Hülle und Fülle und in allen Preiskategorien, einen öffentlichen Markt, aber auch Feinkostläden, den erwähnten Bahnhof und in der Nähe die namensgebenden heißen Quellen. Die 19km haben wir heute in sechs Stunden zurückgelegt.
Um 4.30 Uhr wird geweckt, um 4.45 Uhr geht es los. Wir wollen mit die ersten am Kontrollpunkt an der Brücke sein. Um 5.00 Uhr öffnen sich die Tore und es geht durch den Wald die 2000 Stufen und 400 Höhenmeter nach oben zum Haupteingang. Nach den bis dahin zurück gelegten 70km sind die letzten vier Kilometer zwar anstrengend, aber eben auch unser finaler Aufstieg, was zusätzliche Kräfte verleiht. Der Eintrittspreis für die Inkastätte beträgt stolze 40 Euro – bei uns ist er im Gesamtpaket inbegriffen.
Erbaut wurde die Stadt auf 2430m am Fuße des „alten Gipfels“ (Maccu Picchu) im 15. Jahrhundert. Sie hat an die 200 Gebäude und bot in ihrer Hochzeit Platz für 1000 Menschen. Direkt hinter der Stadt befindet sich der 2720m hohe „junge Gipfel“ (Huayna Picchu), der ein wenig dem Zuckerhut von Rio gleicht. Machu Picchu und die nahen Llactapata Ruinen waren über den Inca-Pfad (Inca Trail) mit der Hauptstadt des Inkareiches, Cuzco, verbunden. Erst gegen Anfang des letzten Jahrhunderts wurde sie – nach einer der am häufigsten genannten Entdeckungstheorien – von amerikanischen Wissenschaftlern wiederentdeckt, danach wieder vergessen und erst in den 1960er bis 1970er Jahren endgültig freigelegt, saniert und 1983 als UNESCO Kulturerbe für Touristen zugänglich gemacht und wird zu einem der sieben Weltwunder erhoben. Bis vor wenigen Jahren war der Tageseinlass nicht geregelt. Seit dieser Saison wurde er auf 3000! pro Tag beschränkt. Ab nächsten Jahr will man die gleiche Anzahl von Besuchern nur noch entweder für fünf Stunden am Vormittag oder für fünf Stunden am Nachmittag – zu gleichen Preisen – einlassen, um die Belastung für die Stätte nachhaltig zu reduzieren.
Um 6.00 Uhr wird das Eingangstor geöffnet. Als wir wenig später die Ruinen erreichen sind sie noch in Nebel gehüllt, fast so wie es sich für eine mystische und geheimnisvolle Stadt auch gehört.
Die ersten Stunden verteilen sich die wenigen Besucher über das weite Gelände. Ich, J und M, zwei Mitstreiter/in aus Frankreich, haben noch ein Zusatzticket für den Maccu Picchu Mountain gekauft und machen uns nach der zweistündigen Führung gleich auf den Weg, da wir die Kontrollstelle bis 10.00 Uhr erreicht haben müssen. Für die – für uns – finalen 650 Höhenmeter brauchen wir gut eine Stunde. Diese Strecke gibt uns den Rest, völlig erschöpft und außer Atem erreichen wir den Gipfel. Wir suchen uns einen Platz mit freier Sicht auf die Anlage und das dahinter liegende Flusstal. Endlich frühstücken! Erst jetzt können wir den tollen Blick hinunter auf die wolkenumschlungenen Ruinen ein wenig genießen. Sobald sich eine kleine Lücke ergibt gehen wir alle nach vorne an die Klippe, um uns für unsere Anstrengung zu belohnen und auch um ein paar Bilder zu machen. Nach einer halben Stunde verziehen sich die Wolken tatsächlich fast vollständig. Da liegt es nun völlig entblößt vor uns, das Objekt unserer Begierde, die sagenumwobene Inkastadt Machu Picchu. Mit dem direkt dahinter steil aufragenden Huayna Picchu, von umliegenden, vom 1500m tiefer liegenden Flussbett, herausgeschnittenen Hügeln flankiert und gelegentlich von dunklen Wolken umhüllt, lässt mich dieses Bild für Minuten nicht mehr los. Ich spüre wie sich meine Akkus wieder aufladen: Physisch, mental und auch emotional komme ich Stück für Stück wieder ins Lot. Nach einer halben Stunde machen wir uns auf den Rückweg, wo wir immer noch auf aufsteigende Besucher treffen, obwohl das Kontrolltor in einer Stunde geschlossen werden soll.
Seit 10.00 Uhr, als die Spätaufsteher mit den Bussen zu hunderten nach oben gekarrt werden (12 Euro für 10 Minuten Fahrt), wurde es hier richtig voll. Der größte Teil unserer Gruppe hat die günstigere Variante für 160 Euro für den Treck gebucht und macht sich deshalb um 11.00 Uhr bereits wieder auf den Weg nach Hydroelectrica, um den Minibus zurück nach Cuzco (7 St) um 13.30 Uhr zu erreichen. Ab 15.00 Uhr wird es merklich leerer und wir können die letzten zwei Stunden bei tollem Spätnachmittagslicht fast alleine auf weiter Flur genießen. Immer wieder setze oder lege ich mich an exponierten Stellen auf eine Mauer oder in das Gras und genieße den Ausblick und spüre wie magische Energie mich durchströmt.
Am Abend gehe ich zusammen mit meinen beiden sympathischen französischen Wegbegleitern noch einmal essen. Danach nehme ich um 21.00 Uhr den Zug nach Ollantaytambo und von dort einen vom Veranstalter organisierten Minibus zurück nach Cuzco, wo ich gegen 2.00 Uhr wieder mein Quartier erreiche.

Die nächsten beiden Tage dienen dann wieder einmal der Regeneration, die nach den fünf Tagen in den Bergen bei einfachster Verpflegung diesmal vor allem einen kulinarischen Schwerpunkt hat. Ich finde ein vorzügliches Grillhaus um die Ecke, in dem ich meinen über die Tage aufgestauten Hunger auf Fleisch ausschweifend beseitigen kann.