In Puno angekommen hole ich meinen Rucksack aus dem Hotel und mache mich auf dem Weg zum Terminal Zonal, wo die Minibusse nach Yunguyo, dem Dorf, das der Grenze zu Bolivien am nächsten ist, abfahren. Innerhalb von zehn Minuten ist der kleine Bus voll und los geht es. Nach zwei Stunden erreichen wir unser Ziel. Der Busfahrer fährt uns sogar noch zur 2km entfernten Grenze, das Ganze für 10 Soles (ca. 3 Euro). Wir erreichen die peruanische Zollstation um 18.00 Uhr. Die Schlange der Wartenden geht bereits bis auf die Straße. Aber die Abfertigung erfolgt zügig und wir schaffen es noch deutlich vor Schließung des Büros um 19.00 Uhr unsere Ausreisestempel zu bekommen. Danach laufen wir die 200m durch Niemandsland hinüber zum bolivianischen Grenzposten. Die beiden Israelis, mit denen ich unterwegs bin, beantragen noch ihr Visum und bezahlen dafür jeweils 100 US Dollar mit einem nagelneuem Schein. Dann geht es weiter mit dem Sammeltaxi für fünf Bolivianos (ca. 70 Cent) in die Innenstadt von Copacabana.Um halb acht bin ich in meinem neuen Airbnb-Quartier.
Copacabana ist eine entspannte Kleinstadt, die Menschen sind ausgesprochen freundlich, Essen und Unterkunft ausgezeichnet und sehr preiswert (Zimmer oder 3-Gänge-Menue 4 – 6 Euro). Auch hier gibt es wieder vorzügliche Seeforellen (Trucha) in allen Varianten. In den chilligen Cafés und Restaurants an der Straße hinunter zum Hafen betören mich Reggae- oder Salsa-Rhythmen während ich das kostenlose – aber auch sehr träge – Wifi nutze. Am Straßenrand sitzen wieder „Lebenskünstler“ und fädeln Perlen, Edelsteine und gelegentlich auch billiges Plastik auf Drähte oder Nylonschnüre und verarbeiten Bleche, Holzplättchen oder Steine zu netten Amuletten. An einem kleinen Straßenstand an der Ecke zum öffentlichen Markt finde ich knusprige Baguettebrötchen und duftende Croissants.
Am nächsten Tag nehme ich die Fähre um 13.30 Uhr zur Isla del Sol (Sonneninsel). Der Legende nach wurde dort Manco Capac, der erste Inka, vom Sonnengott mit dem Auftrag das Reich der Inka zu gründen, auf die Erde geschickt. Aber damit nicht genug: Auch die allmächtige Sonne selbst soll auf der kleinen Insel das „Licht der Welt“ erblickt haben.
Es ist das erste Mal, dass ich keine Unterkunft vorgebucht habe. Von der Bootsanlegestelle geht es die alte Inka-Treppe steil hinauf in das Hauptdorf Yumani. Der etwa 500m lange Weg mit einer durchschnittlichen Steigung von 20% vom Hafen bis zum Ortskern hat es in sich. Auf der Insel gibt es ein buntes Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten. auf halben Weg werde ich fündig. Eine kleine Pension mit sechs Zimmern und einer gemütlichen Terrasse und einem Panoramablick auf die schneebedeckten Anden, auf den See und den kleinen Hafen.
Ich wähle die luxuriösere Variante mit eigenem kleinen Badezimmer und bezahle dafür 50 Bolivianos (6,50 €) die Nacht. Am Nachmittag mache ich mich noch auf dem Weg die Insel zu erkunden. Zurzeit ist der Nordteil wegen Grundstücksstreitigkeiten innerhalb der Gemeinden allerdings gesperrt.
Überall auf der Insel liegen die Terrassen aus der Inka-Zeit und davor. Viele werden von den Dorfbewohnern noch bewirtschaftet, sogar um den Hauptort, wo der Tourismus allgegenwärtig ist wachsen Getreide und Gemüse. An anderen Orten fristen sie ein tristes Dasein und werden von Unkraut und Kräutern bis zur Unkenntlichkeit überwuchert. Auf der Insel gibt es weder Autos, Motorräder noch motorisierte Erntemaschinen. Esel und Lama sind die einzigen Hilfsmittel, die zum Transport von Feuerholz, Werkzeugen, Erntegut oder Einkaufstaschen eingesetzt werden.
Der Pfad schlängelt sich durch das hügelige Gelände. An einigen Stellen wird es eng, wieder steiler und rutschig. Die letzten 500m auf den Hügelkamm in den oberen Teil des Dorfes lassen sich bei 10% Steigung etwas angenehmer laufen. Aber selbst da komme ich gehörig ins Schwitzen und das nicht nur wegen den vielen Stufen, sondern vor allem wegen der Höhenlage von ca. 4.000m.
Am zweiten Tag nehme ich die Fähre um 10.00 Uhr und fahre auf die Nachbarinsel Isla de la Luna (Mondinsel). Sie ist nur 2,80km lang, ungefähr 760m breit und in der kleinen Ortschaft leben nur an die 100 Menschen. Die höchste Erhebung liegt nur 115m über dem Wasserspiegel des Sees. Sie spielt in den Mythen zur Gründung des Inka-Reiches ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Insel hat aber auch eine unrühmliche Vergangenheit, denn in den 1940er Jahren wurde sie als Gefängnis bzw. Konzentrationslager genutzt.
Die Überfahrt für die 7km dauert eine Stunde. Ich habe nur eine Stunde Zeit, bevor es weiter zum Sonnentempel auf der Isla del Sol geht, aber das reicht um den Mondtempel zu besuchen und auf den Hügelkamm hinauf zu laufen und die wunderschöne Aussicht auf die Sonneninsel auf der einen Seite und den Bolivianischen Anden auf der anderen Seite zu genießen. An der Anlegestelle am Sonnentempel angekommen, gibt es eine kurze Diskussion mit dem Bootsführer- ich will nicht an der geführten Tour teilnehmen und mit dem Boot auch nicht wieder zurück an die Hauptanlegestelle der Insel. Schließlich steige ich dann doch aus und kann den Sonnentempel alleine erkunden. Am Tempel befindet sich eine Sonnenuhr und ein Sonnenkalender, die den Bewohnern die Jahres- und somit die Pflanz- und Erntezeiten und die Tage für ihre religiösen Feste zeigten. Hinter der Anlage geht es hinauf auf den Bergkamm und von dort zurück nach Yumani.
Am Abend treffe ich R aus Wuppertal wieder. Wir hatten uns lose für die Insel verabredet. Zufällig kam auch er hier vorbei und hat sich, als ich unterwegs war, in der Pension ebenfalls ein Zimmer gemietet. Am Abend laufen wir noch zusammen auf den Aussichtsturm, der sich hinter dem oberen Teil des Dorfes auf der höchsten Stelle der Insel befindend und genießen den Blick auf den See, die Mondinsel, die Kordilleren und den Sonnenuntergang. Im direkt am Hang gelegenen Patschamama Restaurant – und einem grandiosen Blick hinunter auf die Terrassen und den See – essen wir noch eine Kleinigkeit und genehmigen uns anschließend noch einen Pisco Sour und stoßen auf unser Wiedersehen an. Da es free Wifi gibt buche ich noch mein Quartier in La Paz für Morgen.
Um 10.00 Uhr geht es mit der Fähre zurück nach Copacabana und um 13.00 Uhr weiter mit dem Bus nach La Paz (25 Bolivianos). Die Fahrt über das zentrale Hochland (Altiplano) ist wie vor dem Fernseher sitzen und einen – bolivianischen – Heimatfilm schauen. Die Landschaft ist berauschend schön, wenngleich sehr arm und infrastrukturell völlig unzureichend ausgestattet. Einzig entlang der Hauptstraße ( Cusco – Puno – La Paz) sehe ich Strommasten. Dörfer und Häuser, die nur 50m abseits davon liegen, bekommen davon – zumindest legal – nichts ab und vermutlich sind sie auch ohne eigene Frischwasserver- und Abwasserentsorgung. Gegen 18.00 Uhr erreichen wir die ersten Vororte La Paz` noch oben auf dem Altiplano. Es sind typische Straßensiedlungen mit hunderten von roten Backsteingebäuden. Backstein scheint entweder der Lieblingsbaustoff, die Farbe Rot die Lieblingsfarbe der Einwohner oder aber vielleicht einfach nur der günstigste Baustoff zu sein. Danach geht es die Serpentinen hinunter in den Täler-, Straßen- und Häuserirrgarten der Stadt. Das Haupttal ist canyon-artig 400m tief eingeschnitten, die Agglomeration erstreckt sich aber auf ein Höhenlage zwischen 3.200 bis 4.100m und hat ca. 2 Millionen Einwohner. Die Abfahrt von El Alto (wo sich auch der Flughafen befindet) hinunter in das Zentrum dauert 30 Minuten, immer wieder hat man spektakuläre Blicke auf das Tal, die Stadt und die sie umgebenden Berge, vor allem auf den 6.439m hohen Illimani. An der Höhenlage der Wohnviertel lässt sich der soziale Status ihrer Bewohner erschließen: Je höher die Siedlungen, desto ärmer sind seine Einwohner.
Vom Busbahnhof laufe ich zu meinem Quartier, verliere aber irgendwann in den Häuserschluchten die Orientierung. An einer Ampel spreche ich einen europäisch aussehenden jungen Mann an, der sich als ein französischer Gastarbeiter in La Paz! herausstellt. Er nimmt mich unter seine Fittiche und bringt mich direkt zu meiner Unterkunft am Rande der Innenstadt. Das Studio ist im vierten Stock eines Hochhauses im mittleren Bereich eines Hanges gelegen und bietet mir für die nächsten Tage einen fantastischen Ausblick auf die tiefer liegende Altstadt und die gegenüberliegend – abenteuerlich – bebauten Talhänge. Die Innenstadt La Paz` erscheint mir hinsichtlich des Straßenverkehrs als ein völlig rechtsfreier Raum. Jeder macht, fährt, hupt und schimpft wie er will; Und steht aber trotzdem die meiste Zeit in dem völlig überlasteten und ungeregelten Chaos dieser Drittwelt-Metropole im Stau.
Dem Verkehrschaos kann man auf einigen Strecken entspannt entschweben: Das Seilbahnnetz der Stadt (Mi Teleférico) ist mittlerweile weit mehr als eine reine Touristenattraktion. Es besteht aus vier Seilbahnlinien (Rot, blau, grün und gelb) mit Fahrtzeiten zwischen zehn und 17 Minuten und ist mit 15km Länge das größte städtische Seilbahnnetz der Welt.
Die Stadt hat durchaus ihre stillen und schön anzuschauenden Ecken, insbesondere das alte Viertel nordwestlich der Innenstadt. Dort gibt es noch eine stattliche Anzahl an historischen Gebäuden, einige nette Cafés und Restaurants aber auch Museen, Galerien und viele kleine Geschäfte.
Am nächsten Tag treffe ich auf meiner Reise noch ein letztes Mal R. Wir verabreden uns für den Abend und schlittern eher zufällig in die „Nacht der offenen Museen“ und genießen die vom Autoverkehr befreiten Straßen, essen hier und da an Straßenständen, setzen uns eine Stunde in eine kleine Kneipe, in der eine Combo südamerikanischen Easy Listening zum Besten gibt und besuchen eine Ausstellung.
Am nächsten Tag geht es mit Latam wieder zurück nach Santiago und einen Tag später schon auf die Osterinsel.
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