Ich übernachte in einer Airbnb-Unterkunft in der Nähe des Flughafens. Am nächsten Tag hole ich meinen Camper, einen Toyota Haice WPL. 6.0, bei dem Autoverleiher „Mighty“ für die nächsten neun Tage ab: 40€/Tag bei Vollkasko ohne Selbstbeteiligung. Bei Teilkasko wären es nur 20€/T gewesen, aber vorsichtig ist die Mutter der Porzellankiste!
Zehn Minuten später befinde ich mich auch schon auf dem Stuart Highway Richtung Süden. Mein erstes Ziel ist der Litchfield Nationalpark, 120km südwestlich von Darwin. Über die kleine Ortschaft Bachelor erreiche ich meinen ersten Stopp, die Magnetic Termite Mounds: Diese surreal anmutenden Termitenhügel, die sich über ein mehrere Fußballfelder großes Gebiet erstrecken, sehen aus wie Grabsteine. Unzählige Ameisenarmeen haben diese Kunstwerke in Nord-Süd-Richtung errichtet, um das Innere vor starker Sonneneinstrahlung zu schützen. Einige davon überragen mich um das Doppelte.
Danach geht es weiter zum Buley Rockhole mit seinen Süßwasserpools. Über einen Wanderweg gelange ich drei Kilometer weiter zum Florence Creek und schließlich zum Florence Waterfall, wo ich die Nacht auf einem einfachen, staatlichen Campingplatz für 9 AUD die Nacht verbringe.
Am nächsten Morgen nehme ich meine Morgendusche im Wasserfall. Das Becken ist an drei Seiten von ca. zehn Meter hohen Felswänden umgeben. Das Wasser ist kalt, aber klar. Ich will in den Wasserfall hinein schwimmen, aber das herunter stürzende Wasser schiebt mich immer wieder zurück. Nach fünf Minuten gebe ich erschöpft auf und schwimme zurück in die Mitte des Pools, setze mich auf einen Felsen, der einen Meter aus dem Wasser herausragt und genieße eine Weile die Stille des frühen Morgens.
Mein nächstes Ziel ist der Lookout am Tolmer Wasserfall. Der Zugang zu den Fällen ist für Besucher gesperrt und seltenen Pflanzen und Tieren, wie zum Beispiel dem Turkey Bush oder den Orange Leaf-nosed- und den Ghost-Bats, die beide vom Aussterben bedroht sind, vorbehalten. Das Wasser fliest über zwei kleinere Stufen bis an den Rand der Sandsteinklippe und fällt dann über 100m nach unten in ein riesiges Becken, an dem die rückschreitende Erosion durch das aufschlagende Wasser eine Höhle hat entstehen lassen.
Danach geht es weiter zu den Wangi Falls und schließlich zu der Bambi Creek Tin Mine. Um 1900 wurde dort Zinn entdeckt und in den 1940er und 1950er Jahren kommerziell abgebaut. Ich fahre noch ein paar Kilometer weiter nach Adelaide River und übernachte dort auf dem Campingplatz Adelaide River Inn (21 AUD).
Am nächsten Morgen geht es weiter nach Pine Creek. Im Ortskern befindet sich ein kleines Eisenbahnmuseum, eine Ausstellung alter Bergbaumaschinen aus dem 19 Jhd., einige Minenstollen und rekultivierte Bergwerksflächen mit kleinen Seen.
Danach geht es weiter nach Katherine, wo sich die Kathrine Gorge befindet. Allerdings kann man sich die Schlucht sinnvoll nur in organisierten Touren oder aber über den vier-tägigen Wanderweg erschließen. Ich laufe den Pfad einige Kilometer entlang und stoppe nur kurz an zwei Lookouts, bevor ich mich wieder auf den Rückweg zum Informationscenter mache. Unterhalb der Terrasse hängen hunderte von Flughunden in den Bäumen. Immer wieder fliegen einige von Ihnen auf und suchen sich einen neuen Platz an den bereits dicht besetzten Ästen. Die Landschaft ist hier, 300km südlich von Darwin, bei Weitem nicht mehr so tropisch wie in Küstennähe. Insbesondere in der jetzigen Trockenzeit läuft man durch karges und staubiges Buschland. Erst in der Regenzeit verwandelt sich auch diese Region wieder in einen feuchten Buschwald.

Ich entschließe mich zum Campingplatz Edith Falls 60km nördlich zu fahren und dort zu übernachten. Der Platz ist sehr schön, an zwei Wasserlöchern gelegen, die von einem durchströmenden Fluss gespeist werden. Die Übernachtung kostet 12 AUD, das Personal ist sehr aufmerksam und freundlich und last but not least ist die Küche vorzüglich. Keine 50m entfernt liegt der 100m lange und ca. 50m breite, sogenannte Lower Pool. Zwischen dem Campingplatz und dem Wasserloch befindet sich eine Liegeweise, fast wie in unseren heimischen Freibädern. Auf der gegenüberliegenden Seite wird er von einer steil aufragenden Felswand begrenzt. Das Wasser ist drei bis fünf Meter tief, kalt und glasklar. Als ich an der Liegewiese wieder Land betrete, sehe ich das erste Mal das Schild „Low Crocodile Risk“. Wasserflächen (Stehende und fliesende Gewässer) mit diesen Hinweisschildern werden ständig von den Rangers kontrolliert und überwacht. Entdeckte Krokodile werden entfernt, steht da zu lesen. Ich habe vor diesen Ungetümen gehörigen Respekt. Hier scheint das Überwachungssystem gut zu funktionieren oder der Weg über die steinigen Stromschnellen ist den behäbigen Tieren einfach zu beschwerlich. Am nächsten Morgen mache ich mich auf den Weg zum Sweetwater Pool, einen weiteren aber kleineren flussaufwärts gelegenen Becken. Der Weg ist sehr gut markiert und so komme ich auf dem Trampelpfad durch den Buschwald recht zügig voran. Die fünf Kilometer lege ich in gut eineinhalb Stunden zurück. Auf dem Weg gibt es einige kleinere Bademöglichkeiten, da ich aber kein Hinweisschild zu Krokodilen sehe, halte ich mich dort und auch am finalen Pool mit Badegängen zurück. Den Rückweg gehe ich über den Upper Pool, der 30 Gehminuten und 50 Höhenmeter entfernt vom Campingplatz liegt. Das Becken liegt malerisch auf einem kleinen Plateau, zwischen zwei Wasserfällen gelegen und wird von der Belegschaft des Campingplatzes nicht umsonst als „Garden Edens“ bezeichnet. Endlich wage ich mich hier ins Wasser und kann bei Temperaturen um die 40 Grad doch noch ein wenig Abkühlung erfahren. Das Becken ist für Krokodile quasi unzugänglich, wenn nicht ein äußerst neugieriges die Nase zu weit über die Klippe steckt und hinunterstürzt.
Am nächsten Morgen fahre ich über Pine Creek, den Stuart- und schließlich den Kakadu-Highway weiter in den Kakadu National Park. Mein erstes Ziel ist Gunlom. Ich erreiche den Wasserfall über eine 37km lange Sand- und Schotterpiste, die vom, den Nationalpark durchquerenden, Kakadu-Highway Richtung Südosten abgeht. Der Zeltplatz (15 AUD) wird wieder von Rangers verwaltet: Es gibt Duschen, Toiletten und einen Grillplatz. Ansonsten aber weder ein Büro noch einen Laden, an dem man sich versorgen könnte. Der Pool am Fuße des Wasserfalls in der Nähe des Zeltplatzes hat einen Durchmesser von ungefähr 50 Metern. In dem trüben Wasser tollen Kinder, in Ufernähe suhlen sich einige Herrschaften im seichten Wasser, mit Strohhüten schützen sie sich vor der heißen Mittagssonne. In der trockenen Jahreszeit quälen sich nur wenige Tropfen Wasser, mehr schwebend als stürzend, die ca. 60 Meter steilabfallende Felswand hinunter. Vorbei an den Krokodil-Warnschildern laufe ich einen Trampelpfad hinauf zum Scheitel des Wasserfalls. Hinter der Absturzkante haben sich mehrere Pools gebildet. Sie werden durch harte, senkrecht gelagerte Sedimentschichten voneinander getrennt. Die Weicheren wurden ausgewaschen und formten unterschiedlich große Schwimm- bzw. Planschbecken. Der Blick hinunter in das Wasserbecken, auf den Zeltplatz und über die vorgelagerte Ebene bis hinüber auf die Hügellandschaft am Horizont ist spektakulär. Fasziniert von diesem Bild sitze ich gefühlt Stunden an der Absturzkante und beobachte Dutzende von jungen Australiern, die sich noch viel weiter vorwagen als ich, um ihren Selfies einen noch exklusiveren Touch zu verleihen.
Gestern im Garten von Eden und heute im Paradies.
Der Kakadu National Park erstreckt sich rund 200km von Norden nach Süden und 100km von Osten nach Westen, ca. 200km östlich von Darwin. Er gehört sowohl zum UNESCO Weltkultur- als auch zum UNESCO-Weltnaturerbe. Sein Name entstand aus der fehlerhaften Aussprache des Wortes „Gagudju“, eine von den hier lebenden Aborigines genutzte Sprache. Schon seit gut 50.000 Jahren leben die australischen Ureinwohner im Nordosten Australiens. Vor der Ankunft der Europäer „nomadisierten“ hier in der Region ungefähr 2.000 Menschen; heute sind es noch gut – oder besser gesagt wieder, 500. Im Park gibt es an die 1.700 Pflanzen-, fast 300 Vogel-, über 60 Säugetier-, rund 120 Reptilien-, mehr als 50 Süßwasserfisch- und weit über 10.000 Insektenarten.
Am nächsten Morgen geht es über die Piste zurück auf den Highway nach Yellow-Water. Am dortigen Billabong werden Boots-Touren in die Wetlands angeboten, um Salzwasserkrokodile aus der Nähe betrachten zu können. Ich laufe den zwei Kilometer langen Metallsteg, der an den Seiten gesichert ist, zu einer Beobachtungsplattform am Rande der Sumpflandschaft. Plötzlich fallen wie aus dem Nichts tausende von Moskitos in dunklen Schwaden über mich her. Es fühlt sich an als würde mein Anti-Moskito-Mittel die Plagen eher anziehen als vertreiben. Im Stechschritt eile ich zurück zum Auto. Die nächsten Minuten bin ich damit beschäftigt im Innenraum ein Biest nach dem anderen zu jagen und zu erschlagen, um mich dann auf den Weg nach Jabiru zu machen.
Der Ort ist keine Siedlung im üblichen Sinn: Es gibt keinen Ortskern, keine Einkaufsstraße, kein erkennbares Wohngebiet. Vielmehr wirkt es wie wenn der Stadtplaner den Entwurf nach einer durchzechten Nacht oder nach der Trennung von seiner Frau und den Kindern hatte entwerfen müssen: lieblos und ohne jegliches Flair. Eine Ansammlung von einigen Gebäuden an der Stelle wo der Arnhem Highway und der Kakadu Highway in der Weite der Steppe aufeinandertreffen.
Es gibt eine Tankstelle, einen Supermarkt, eine Post-Filiale, eine Bank, eine Klinik mit Apotheke, Polizei, öffentliche Telefone, ein Restaurant, mehrere (Luxus-) Hotels, ein Café und eine Bäckerei. Jabiru gehört zur East Alligator Region und grenzt an das östlich liegende Arnhem Land (Das nur mit speziellen Genehmigungen zu bereisen ist und ausnahmslos von Aborigines und einigen Rangers bewohnt wird). Die Region ist berühmt für ihre felsigen Landschaften, Sumpfgebiete, ihre Felsmalereien sowie den East Alligator River.
Ich fahre weiter Richtung Nordosten, nach Ubirr Rock. Dort besichtige bekomme ich die ersten Felsmalereien zu Gesicht. Am späten Nachmittag klettere ich auf das vorgelagerte Felsplateau und genieße von dort im Abendlicht eine atemberaubende Aussicht auf die Nardab Flood Plain. Das Gelände ist von Rauchschwaden überzogen, das Abendlicht taucht die Landschaft in sanften Nebel. Überall in Australien werden von den Rangern aus Europa und Asien eingebrachte aggressiven Gräberarten abgebrannt, um die endemischen Arten zu erhalten.
Die Abzweigung nach Nourlangie befindet sich 19km südlich vom Bowali Visitor Centre am Kakadu Highway. Der 1,5km lange Rundweg führt wieder an Felsmalereien der Aborigines vorbei. Der 1,2 km lange Nawurlandja Lookout Walk mit kleinem Aufstieg führt zu verschiedenen Aussichtspunkten, von denen man eine gute Sicht auf den Anbangbang Billabong hat. Der Nanguluwur Art Site Walk misst 3,4km und verläuft durch die Savannah Woodlands an der Nordseite des Nourlangie Rock. Überall sind Bilder und Skizzen auf die Felswände gemalt, einige erst wenige Jahre alt, andere schon vor Jahrtausenden gezeichnet. Ihre Motive sind Jagdszenen, Tiere der Region, Lebensmittel oder Fabelwesen.
Das Land, die Sprachen und die Menschen wurden von Schöpfungswesen geschaffen, die den Menschen das Land anvertraut haben. Jede Region und Sprache wurde einer anderen Gruppe von Menschen anvertraut, was den Ursprung der verschiedenen Stämme erklären soll. Diese Schöpfungsakte fanden in der sogenannten Traumzeit statt. Sie verweist auf das lange Vergangene, ist aber den Menschen als eine Art metaphysischer Parallelwelt allgegenwärtig. Indem sie Rituale und Zeremonien abhalten, die ihnen von ihren Ahnen mündlich oder durch die Felsmalereien überliefert wurden, können sie sich jederzeit in die spirituelle Energie der Schöpfungszeit hineinversetzen. Die Religion der Aborigines kennt keine Gottheiten, statt der Theologie steht die Geografie im Mittelpunkt. Der Einzelne und seine Gruppe sind für immer an das Land gebunden, das ihnen vermacht wurde.
Ich fahre weiter Richtung Westen bis zum East Alligator River. Dort will ich mir auf einer Bootstour die hier in freier Wildbahn lebenden Leistenkrokodile (Crocodylus porosus, auch Salzwasserkrokodil genannt), ansehen. Das Saltie ist das größte heute noch lebende Krokodil. Entsprechend groß ist mein Respekt vor diesem einstündigen Ausflug mit dem kleinen Holzboot hinaus auf den trüben Fluss. „Bis jetzt ist noch jeder wieder zurückgekommen“ ist die saloppe Antwort auf meine Frage, ob das denn irgendwie gefährlich sei. Die Leute stehen Schlange. Die ersten 30 Leute drängen sich auf den Holzbänken des Bötchens, das an den beiden Seiten mit einem 50 Zentimeter hohen Stahlgitter geschützt ist. Ich habe Glück. Die Veranstalter setzen ein Zusatzboot ein. Wir sind nur zu acht. Mit einem mulmigen Gefühl wanke ich über den schmalen Steg hinüber auf das Boot. Die einstündige Tour zu den „Jumping Crocodiles“ führt im Zick-Zack-Kurs ca. 2000m den Fluss hinauf. Fünf mal stoppen wir, um die Tiere aus der Nähe zu betrachten. Die längsten sind über vier Meter lang, auch zwei Baby-Krokodile bekommen wir zu sehen. Die Krokodile werden vom Bootsführer mit Fleischhappen angelockt und springen bis zu zwei Meter aus dem Wasser, um ihr verdientes Mittagessen zu ergattern und unter Wasser zu verschlingen. Ein in die Jahre gekommenes Exemplar kommt beim Aufbäumen ins Schwanken und knallt an das Stahlgitter des Bootes. Wir weichen apathisch geschlossen einen Meter zurück. „Don`t worry“, sagt der Bootsführer. Die Tiere seien relativ steif und daher ist es unmöglich für sie über das Metallgitter in das Innere des Bootes zu gelangen. Nur die Hände und der restliche Körper sollten sich nicht über der Reling befinden…..
Nach 50 Minuten bin ich aber trotzdem froh wieder festen Boden unter den Füßen und gebührenden Abstand zu den Krokodilen zu haben.
Zurück in Darwin gebe ich mein Wohnmobil wieder ab, fahre mit dem Bus weiter zum Flughafen, wo ich in der Nacht mit der neukaledonischen Airline Air Callin nach Noumea fliege.